Dienstag, 23. November 2010

Mutant-Sunday from outer space

Es war der 22. August 2010. Ich donnerte mich gerade auf für ein Date mit diesem netten, gutaussehenden Typen, der auf dem Weg zu Jacqueline-Chantals (Name v. d. Red. geändert) Geburtstags-Reste-Verputz-Nachparty ganz Gentleman-like meinen Nudelsalat getragen hatte. Währenddessen dachte ich nach. Der Beschissenheitsgrad dieses Sonntages konnte maximal noch an meinem Todestag geknackt werden, an dem das Chemiegebäude der Uni genau dann explodieren würde, wenn ich gerade vorbei lief, oder mein Laptop explodieren würde, weil ich vergessen hätte, ihn abzuschalten, bevor ich zum Einkaufen ging, oder meine Zahnbürste explodieren würde, weil ich sie über Nacht in das falsche Ladegerät gestellt hätte.
Es begann bereits am frühen Morgen, als ich bedingt durch die für 7.30 Uhr angesetzte und in einem anderen Bundesland stattfindende Bandprobe um fünf Uhr morgens aufstehen und eine knappe Stunde zum Bahnhof laufen musste, da Sonntags um diese Uhrzeit noch kein Bus fuhr. Dieser Umstand führte bereits von vorn herein zu einer eher negativ angehauchten Grundeinstellung gegenüber des Tages, der vor mir lag.
Die Probe selbst verlief entsprechend. Würde ich in einer experimentellen Avantgarde-Symphonic-Melodic-Opera-Power-Metal-Band singen, wäre ich mit meinem Gesang sicherlich als einzigartiges Musikgenie abgöttisch verehrt worden. Da die Band jedoch einen eher traditionellen, harmonisch klingenden Stil bevorzugt, holte ich mir erstmal schön meinen (verdienten) durch-die-Blume-Anschiss ab. Nachdem ich also drei Stunden lang die anspruchsvollen Kompositionen meiner Bandkollegen gnadenlos niedergemetzelt hatte, bot sich mir nicht etwa die Gelegenheit, das Geschehene zu verarbeiten, nein, ich hatte gleich im Anschluss noch eine 5-Stunden-Schicht in der Schnittenbude vor mir, in der ich arbeite, um mein Studium zu finanzieren.
Pünktlich zum Schichtbeginn beschloss nicht nur mein Magen, dass mir den ganzen Arbeitstag lang schlecht sein sollte, es beschlossen auch unsere neuesten Lieblings-Stammkunden, die ich liebevoll die Schlampen-Kombo nenne, seit sie mir kürzlich offenbart hatten, mit wem sie alles in welchem Urlaub was gehabt hatten, unseren kleinen Brotladen sofort zu stürmen, als wir öffneten, und uns in gewohnt tussiger Juristinnen*-Manier auf die Eier/-stöcke zu gehen. Fing ja gut an. Und besser wurde es nicht wirklich, sodass ich nach fünf Stunden gastronomischer Prostitution zu Hause erschöpft in mein Bett fiel, nur um sofort vom hektischen Klingeln meines Telefons wieder aufgescheucht zu werden.
Es war der Chef des Nachhilfe-Instituts, in dem ich zusätzlich arbeite. Er hatte einen neuen Schüler für mich, mit dem bereits ein Termin für den nächsten Tag vereinbart war, zu dem ich jedoch nicht konnte, da ich eine Extraschicht in der bereits erwähnten Schnittenbude schieben musste. Und da mein Chef diesen logistischen Supergau darauf zurückführte, dass ich mich nicht sofort gemeldet hatte, als ich anderthalb Tage zuvor aus meinem Urlaub zurückgekommen war, was ich angeblich versprochen hatte (die Erinnerung an dieses Versprechen musste ich vor Schreck verloren haben, als ich die Woche davor mit einer Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 2,5 Sekunden aus dem Bahnhof einer Katapultachterbahn geschossen wurde), holte ich mir den zweiten durch-die-Blume-Anschiss an diesem Tag ab, der sogleich in eine allgemeine Diskussion darüber mündete, warum ich überhaupt noch eine weitere Arbeitsstelle hatte. Ich konnte ihn jedoch irgendwann davon überzeugen, dass Brote für arrogante Juristinnen* zu schmieren schon immer mein größter Traum war, seit mir mit sechs Jahren bewusst geworden war, dass in unserer modernen, schnelllebigen Gesellschaft, die von technischem Fortschritt, Massenmedien und Globalisierung geprägt ist, mein ursprünglicher Gedanke, Märchenprinzessin zu werden, eventuell nur wenige berufliche Perspektiven eröffnen würde. So einigten wir uns darauf, dass ich den Schüler erst ab nächster Woche übernehmen würde, beendeten das Gespräch und ich stolperte frustriert unter die Dusche.

Ja, da stand ich nun, donnerte mich immer noch auf und fragte mich, ob an diesem Tag eigentlich noch mehr Katastrophen kommen konnten. Sie konnten. Denn den dicken, schwarzen Gewitterwolken nach zu urteilen, sah es nicht so aus, als könnten der nette, gutaussehende Typ, der meinen Nudelsalat getragen hatte und ich uns, wie ursprünglich geplant, mit einer Flasche Wein unten in der Stadt ans Flussufer setzen. Zwar waren wir nach einem kurzen Aufenthalt in der Kneipe unseres Vertrauens doch noch dickköpfig genug, um es trotzdem zu tun, ich zweifelte jedoch stark daran, dass das Industrie-Aroma, mit dem der Regen den Wein versetzte, romantische Stimmung aufkommen lassen konnte. War ja wohl klar, dass der Höhepunkt dieses zum Kotzen seienden Tages ein Date sein musste, das zum absoluten Reinfall werden würde, sodass ich mich darauf einstellte, mit klatschnassen Klamotten, total verschmierter Wimperntusche und einem Ground Zero statt einer Frisur im letzten Bus zu sitzen und mir die Idee schön zu reden, dass 15 Katzen durchaus auch eine liebevolle Familie sein konnten. Doch es kam dann doch alles irgendwie ganz anders.
Es stellte sich nämlich heraus, dass es Cupido an seinem kleinen fetten Puttenarsch vorbei ging, dass der Chef mal wieder wahllos mit Blitzen und Regenwolken um sich schmiss, weil er einen Tobsuchtsanfall hatte, da ihm seit knapp 2000 Jahren kaum mehr jemand irgendein Opfer brachte und die Menschen stattdessen einen Narren an diesem komischen Hippie gefressen haben, nur weil der Wasser in Wein verwandeln konnte. Cupido machte einfach seinen verdammten Job. So auch heute. Während ich nichts ahnend meinen Wein beziehungsweise meine Weinschorle schlürfte, spannte er seinen Bogen, zielte und -buffff- da traf mich auch schon der Pfeil. Im ersten Moment überlegte ich kurz, ob es vielleicht sinnvoll wäre, mir am nächsten Tag eine Tetanusspritze geben zu lassen, da ich mir nicht sicher war, wie lange Cupido meinen Pfeil schon in seinem Köcher mit sich rumschleppte (und es musste wirklich lange sein!!), dann aber war ich abgelenkt von dem unmittelbar einsetzenden heftigen Bauchkribbeln gegen das nicht einmal die besagte Beschleunigung in der Achterbahn des Todes anstinken konnte.
Und der nette, gutaussehende Typ, der meinen Nudelsalat getragen hatte, und den ich inzwischen schon mehr, als nur nett fand, nahm mich in den Arm und lächelte mich an. Und das Lächeln sagte so etwas, wie „ich sag jetzt nicht, was ich denke, aber ich denke, dass wenn ich sagen würde, was ich denke, ich sagen würde, dass ich dich echt verdammt gern hab“. Und dann lächelte ich zurück. Und mein Lächeln sagte so etwas, wie „Sag ruhig, was Du denkst, denn ich sag mal, dass ich denke, dass das was Du denkst und mir nicht sagst, mir sehr gefällt, und ich denke, dass ich Dir dann sagen würde, dass ich Dich auch verdammt gern habe“. Und dann sah er kurz zur Seite. Und dann sah er mich wieder an. Und dann sah er wieder weg. Und dann sah er wieder her. Und dann nahm er mich in den Arm und küsste mich. Einfach so. Und mit einem Mal schoss eine Armee von Glückshormonen durch sämtliche Blutgefäße meines Körpers, sodass mein Herz kaum noch hinterher kam, die gedopte Soße weiterzupumpen, während irgendwo im Hintergrund ein kleiner speckiger Typ mit Flügeln 'Everybody dance now' sang und dazu einen kleinen Siegestanz aufführte.
Irgendwann nachts kam ich dann schließlich nach Hause, mit klatschnassen Klamotten, total verschmierter Wimperntusche und einem Ground Zero statt einer Frisur. Ja, das war in der Tat der schönste Sonntag, den ich je erlebt habe.

Gewidmet dem nettesten, bestaussehendsten, aufmerksamsten, liebevollsten, sexysten, verrücktesten, romantischsten, männlichsten und einfach perfektesten Nudelsalatträger aller Zeiten. Ich liebe Dich :-).

*ich möchte erklären, dass diese herablassende Bemerkung über Studentinnen der Rechtswissenschaften lediglich humoristischen Zwecken dient und nicht meine tatsächliche Meinung wiedergibt. Tatsächlich vertrete ich die Ansicht, dass eben diese jungen Frauen die Zukunft der Bundesrepublik Deutschland darstellen. Ohne sie könnte unser Rechtsstaat nicht aufrecht erhalten werden. Sie leisten während ihres Studiums aufopferungsvoll nahezu Unmenschliches, nur um uns auch in Zukunft ein den Werten einer Demokratie entsprechendes Rechtssystem zu gewährleisten. Somit sind sie der wichtigste Pfeiler der Gesellschaft und es gebührt ihnen unsere vollste Bewunderung.

Montag, 13. September 2010

Ohne Worte - Resurrection

...ich.... hab... eine... EINS....

Dienstag, 25. Mai 2010

Am Abend

Es ist spät geworden. Die Sonne ist längst untergegangen und vor dem dunklen, graublauen Hintergrund der Dämmerung zeichnen sich die Blumen auf meinem Fensterbrett ab. Ein wirrer, schwarzer Schatten. Von den vollen, roten Blüten ist nichts mehr zu sehen. Es ist sehr still. Nicht einmal die Uhr höre ich ticken, sie ist stehen geblieben. Plötzlich ein Lachen. Ein Mann und eine Frau, draußen auf der Straße. Es durchfährt mich, wie ein Messerstich. Meine Hand lässt das Weinglas fallen. Unter den Scherben breitet sich die schwere, purpurne Flüssigkeit in einer dunklen Lache auf dem Fußboden aus. Vor meinen starren Augen blitzen Bilder auf. Bilder aus einem schönen Traum. An der Wand sitzt eine schwarze Fliege. Sie zuckt mit den Flügeln, als würde sie ungeduldig auf etwas warten. Und die Bilder verschwimmen.

Es ist Nacht geworden. Die Umrisse der Blumen hat inzwischen die tiefschwarze Dunkelheit verschlungen. Ich werde jetzt schlafen gehen.

Montag, 12. April 2010

Ohne Worte - Teil III

30. März, 10.00 Uhr: Noch zwei Stunden. Ich erreiche gerade die Zentralbibliothek. Ich lege meine Sachen im Spind ab, springe die Treppe hoch, schmeiße mich schwungvoll gegen die Glastür und gleite so zartfüßig, wie es nach der Verspachtelung einer Packung Prinzenrolle noch möglich ist, durch den Lesesaal. Obwohl ich kurz überlegen muss, welche Zahl gleich nochmal vor vier kommt, finde ich die Signatur, notiere die Seitenzahl meines Zitats und powerwalke zurück zu meinem Spind. Dabei schaffe ich es sogar noch, Horst-Rainer (Name v.d. Red. geändert) auszuweichen, dem ich jedes Mal, wenn ich ihn in der Bibliothek treffe, erkläre, dass ich ihm dummerweise meine Handynummer nicht geben kann, weil ich sie dummerweise nicht auswendig weiß und das Handy dummerweise nicht zur Hand habe, um nachzusehen. Durch-die-Blume-Aussagen zu verstehen ist aber offenbar nicht so Horst-Rainers Ding. Jedenfalls packe ich eilig mein Zeug aus dem Spind und mache mich auf zur Teilbibliothek Romanistik.

30. März, 10.30 Uhr: Mäppchen, Handy, Geldbeutel und USB-Stick fächerartig zwischen die Finger geklemmt stürme ich die Teilbibliothek, okkupiere sofort einen der wenigen PC-Arbeitsplätze und stolpere nun hektisch und nach 27 Stunden ohne Schlaf auch etwas unkoordiniert durch die Gänge, finde aber alles, was ich brauche und mache mich daran, meine Arbeit abzuschließen. Alles wird gut. Ich muss nur eins mit der Tastatur werden. Ich muss die Tastatur sein.

30. März, 11.40 Uhr: ...speichern...und los....

30. März, 11.42 Uhr:
Diewendeltreppehochnachlinksdenganglangnachlinksdurchdietürnachlinks
(I wish I was a hunter in search of different food)*

denganglangdurchdieglastürnachrechtsdietreppehochdurchdieeingangstür
(I wish I was the animal which fits into that mood)*

nachdraußenschrägnachlinksdietreppehochüberdenzebrastreifendietreppezur
(I wish I was a person wirh unlimited breath)*

bibliothekhochdurchdieeingangstürnachlinksdurchsfoyeraneinenarbeitsplatz
(I wish I was a heartbeat that never comes to rest)*

30. März, 11.47 Uhr: Nervös beobachte ich, wie der Drucker mein Opus ausspuckt. Hoffen wir, dass Horst-Rainer jetzt nicht auftaucht. Falls doch, würde ich ihm durch die Blume sagen müssen, dass ich als kleines Mädchen zu fett für's Ballett war. Na endlich. Die letzte Seite ist ausgedruckt. Lochen...einheften...und weiter...

30. März, 11.55 Uhr:
Durchsfoyerrechtsdurchdietürnachdraußendietrepperunterüberdenzebra
(I wish I was a stranger who wanders down the sky)*
streifendietrepperunterzurphilosophieschrägnachrechtsdurchdieeingangstürdie
(I wish I was starship in silence flying by)*

trepperunternachlinksdurchdieglastürnachrechtsdenganglangnachrechtsdurch
(I wish I was a princess with armies at her hand)*

dietürnachlinksdenganglanglinksdietreppehochlinksdenganglangnachrechts...
(I wish I was a ruler who'd make them understand)*

30. März, 11.59 Uhr: Proustend renne ich auf das Sekretariat zu, die Arbeit in der Hand, bereit, mich mit einem dramatischen 'neeeeeeeein' zwischen die sich schließende Tür und den Türrahmen zu werfen, da sehe ich, wie die Sekretärin zusammen mit der Hälfte der SpraWi-Crew ein illustres Kaffeekränzchen abhält. Und es sieht nicht so aus, als würde dieses in den nächsten 30 Sekunden beendet werden. Da sitzen sie alle ganz entspannt mit ihren Biedermeier-Kaffeetässchen und -Kuchentellerchen, die intellektuellen Beine übereinander geschlagen und schauen mich an, als wäre ich ein vorbei fliegendes Raumschiff. Da ich jedoch kurz vor einer Nahtoderfahrung stehe, habe ich sowieso nicht mehr genug Energie, um mich darüber aufzuregen, dass das Sekretariat nicht pünktlich schließt, obwohl ich einen Haufen Studiengebühren zahle, sodass ich einfach versuche, der Sekretärin durch wilde, grobmotorische Fuchtelei mit der Mappe verständlich zu machen, dass ich gerne meine Hausarbeit für Frau Prof. Dr. phil Hedwig Lüdenscheidt-Kowalski abgeben würde. Offenbar versteht sie meine nonverbale Botschaft, denn noch kauend greift sie sofort nach der Mappe und legt sie behende auf einen Stapel weiterer Arbeiten, um das Verspeisen ihres Kuchens nicht allzu lange unterbrechen zu müssen. Also will ich auch nicht weiter stören, empfehle mich mit einem kurzen Nicken in die Runde und verlasse das Lokal nachdem ich meine Arbeit endlich los geworden bin.

30. März, 12.30 Uhr: 25 Stunden, mehrere Kilo Zucker und 2 Fingerkrämpfe später sitze ich mit Augenringen im Waschbär-Look und stylischer out-of-bed-Frisur im Bus und starre teilnahmslos vor mich hin. Könnte gut sein, dass die anderen Fahrgäste mich für dieses Mädchen halten, das in einem Brunnen wohnt und immer aus dem Fernseher krabbelt. Das war's. Es ist vorbei. Was für eine Nacht. Aber ich habe es geschafft, ich bin's halt einfach. Und wenn ich wieder zu Hause bin, muss ich meinem imaginären Haarbürsten-Karaoke-Konzert-Publikum unbedingt noch die Zugabe geben, zu der ich letzte Nacht nicht mehr gekommen bin: Good morning staaaarshiiine, the earth says helloooo...
FIN

* D., Thomas/Potente, Franka: „Wish (Komm zu mir)“. In: Music, Sony (Hrsg): Lola rennt [Soundtrack]. München 1998
Rado, James/Ragni, Gerome: „Good Morning, Starshine“. In: MacDermot, Galt/Rado, James/Ragni, Gerome: Hair. New York 1968.

Mittwoch, 7. April 2010

Ohne Worte – Teil II

30. März, 00.01 Uhr: Ok. Abgabetag. Ich habe noch 11 Stunden und 59 Minuten Zeit, um 7 Seiten zu füllen, eine Seitenangabe in der Zentralbibliothek nachzuschlagen, ein Zitat aus einem Buch in der Teilbibliothek Romanistik abzutippen, eine Bibliographie, ein Inhaltsverzeichnis und ein Deckblatt anzufertigen, alles auszudrucken, zu lochen, abzuheften und das Gesamtelaborat ins Sekretariat von Frau Prof. Dr. phil. Hedwig Lüdenscheidt-Kowalski (Name v. d. Red. geändert) zu bringen. Aber der kleine blaue Kobold auf der Stuhllehne meint, das wäre zu schaffen, wenn ich noch ein paar Red Bull wegexen würde.

30. März, 01.15 Uhr: „… und aus diesem höchst ersichtlichem Grund erscheint die Behauptung in jeglichem Maße äußerst sinnvoll und logisch, man könne durchaus an den meisten Stellen in den meisten der hier untersuchten Dramen, welche ja einen Querschnitt durch sowohl Tragödien, als auch Komödien sämtlicher Jahrhunderte in Frankreich darstellen, und damit sehr repräsentativ für die Tragödien und Komödien sämtlicher Jahrhunderte in Frankreich sind, sagen, und diese Aussage auch durch entsprechende Hinweise auf den Text bekräftigen, dass für die hier untersuchten Dramen, welche ja einen Querschnitt durch sowohl Tragödien, als auch Komödien sämtlicher Jahrhunderte in Frankreich darstellen, und damit sehr repräsentativ für die Tragödien und Komödien sämtlicher Jahrhunderte in Frankreich sind, gilt, dass die Sprache darin Hauptträger der Information ist.“

30. März, 2.30 Uhr: Hey, 1a-Enter Sandman-Luftgitarren-Show, kleiner blauer Kobold!

30. März, 3.15 Uhr: Die Überdosis Red Bull scheint gewirkt zu haben. Ich habe inzwischen nur noch zwei Seiten Text vor mir. Ich weiß zwar nicht genau, was ich auf den letzten Seiten alles geschrieben habe - gut möglich, dass ich auch zwischendrin ins Altkoreanische gewechselt habe – aber solange Einleitung und Schluss gut sind, kann eigentlich nichts passieren, so will es der Primacy-Recency-Effekt.

30. März, 4.30 Uhr: „… und deshalb glaube ich, dass wir den Klimawandel nur dann verhindern, den Regenwald nur dann erhalten und den Weltfrieden nur dann schaffen können, wenn wir auch weiterhin das passé simple im gesprochenen Französisch anwenden. Auf dass unsere Kinder eine bessere Zukunft haben. FIN.“ – Ha, bestimmt hat keiner so einen super Schluss, wie ich. So, und jetzt noch eben schnell den Rest. Bibliographie und so.

30. März, 8.30 Uhr: Der kleine blaue Kobold pennt inzwischen inmitten leerer Bierdosen, Pizzaresten und mehrere kleiner blauer Kobold-Groupies, deren Klamotten quer über meine Tastatur verteilt sind. Und ich müsste nach meinem nicht-existenten Zeitplan jetzt eigentlich in der Bibliothek sein. Aber stattdessen hänge ich immer noch hier rum und bastle an der Formatierung und der Bibliographie der Arbeit. Wäre möglicherweise alles etwas schneller gegangen, wenn ich mir das Merkblatt zur schriftlichen Hausarbeit, das wir uns vorher hätten durchlesen sollen, auch wirklich vorher durchgelesen hätte, sodass ich bereits früher bemerkt hätte, dass Frau Prof. Dr. phil. Hedwig Lüdenscheidt-Kowalski alles ganz anders will, als ich das kenne, und so vielleicht nicht alles hätte doppelt machen müssen. Dies jedoch bleibt eine vage Vermutung.

30. März, 9.30 Uhr: Es ist vollbracht. Der Großteil der Arbeit inklusive Deckblatt, Bibliographie und Inhaltsverzeichnis ist auf meinem USB-Stick gespeichert. Zum ersten Mal seit etwa 17 Stunden betrete ich mein Badezimmer. Einen Moment lang denke ich, Gollum säße in meinem Spiegel und schaut mich an, aber Gollum hat nicht so einen benommenen Blick und auch nicht so viele Kekskrümel im Ausschnitt. Also versuche ich, Schadensbegrenzung zu betreiben, in dem ich das letzte auffindbare Pfund Puder über den gesichtsähnlichen Bereich meines Kopfes verteile – mit mäßigem Erfolg. Ein schlechtes Omen?

Fortsetzung folgt…

Montag, 5. April 2010

Ohne Worte – Teil I

29. März, 11.30 Uhr: Noch 24 Stunden und 30 Minuten bis zur Abgabe meiner Hausarbeit in Sprachwissenschaft. Es läuft gut, ich habe schon eine tolle Einleitung. Noch ein paar Zitate und Tabellen dazu, dazwischen ein paar Überleitungen – passt. Aber bevor ich mich ans Werk mache, brauche ich erstmal den üblichen Vorrat an Grundnahrungsmitteln für die Nacht vor einem Hausarbeitsabgabetermin – Tiefkühlpizza, Prinzenrolle, Red Bull, Cola und Kaffee. Also, auf zu Norma!

29. März, 12.15 Uhr: Mit einer voll gepackten Tasche und der Pizza in der Hand stapfe ich voll Tatendrang zurück nach Hause während ich überlege, wie viele Zeilen ich noch schreiben muss, wenn eine Seite 31 Zeilen umfasst und ich noch neun Seiten zu füllen habe, insgesamt aber 23 Leerzeilen wegfallen. Macht, wenn ich die letzte Seite nur zur Hälfte voll schreibe ... oh… was sehen meine müden Augen dort am Horizont? Zu meiner großen Überraschung und Freude treffe ich Torben-Hendrik (Name v. d. Red. geändert), den ich auf Grund seiner plötzlichen Flucht nach Nordrhein-Westfalen schon eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr gesehen habe. Zum Glück ist mein Zeitplan flexibel, da nicht wirklich existent, also nehme ich mir ein kleines bisschen Zeit für einen kurzen Informationsaustausch.

29. März, 13.45 Uhr: Nachdem wir uns einige Minuten unterhalten haben über Wrestling als Alternative für kleine Mädchen, die zu fett für’s Ballett sind, klingelt sein Handy. Und da es leider doch langsam Zeit ist, mich mit meinen rund 6000 Kalorien in meiner Arbeitshöhle zu verschanzen, nutze ich diese extern herbeigeführte Gesprächsbeendigung und verabschiede mich – wenn auch widerwillig – von Torben-Hendrik. Zu Hause angekommen habe ich natürlich inzwischen Hunger und meine Pizza ist ja auch schon aufgetaut, also sehe ich mich gezwungen, erstmal eine Mittagspause zu machen, bevor ich endgültig mit der Arbeit anfange. Dann aber wirklich.

29. März, 16.00 Uhr: Die Mittagspause ist jetzt vorbei, und auch die notwendige Verdauungsstunde, die rein zufällig genau in den Zeitraum fiel, in dem immer King of Queens läuft. Aber jetzt. Nochmal alles kontrollieren: Prinzenrolle – bereit. Red Bull – bereit. Cola – bereit. Kaffee – bereit. Dann kann es ja jetzt losgehen.

29. März, 16.30 Uhr: Merke: Der Cursor hört nicht auf, schadenfroh zu blinken, auch dann nicht, wenn man ihn eine halbe Stunde lang anstarrt, um ihn mit mentalen Kräften dazu zu bringen, die Hausarbeit von allein zu schreiben. Achad Shtaim Shalosh am Arsch!

29. März, 19.00 Uhr: Na also, es läuft. Langsam, aber es läuft. Ich denke, dass es deshalb so schleppend vorangeht, weil die Batterien meines Taschenrechners leer sind und ich sämtliche Werte für meine Tabellen mit dem Handy ausrechnen muss. Ich denke nicht, dass meine Arbeitsgeschwindigkeit darunter leidet, dass ich voll aufgedreht Musik höre, oder unter meinem dazu performten Haarbürsten-Karaoke.

29. März, 20.10 Uhr: Verdammt, ich hätte eine Packung mit zwei Pizzen nehmen sollen. Jetzt habe ich kein nahrhaftes Abendessen mehr und muss den Rest Salat mit Vollkornbrot essen. Zum Glück habe ich ja noch genug von dem anderen Zeug, aber reicht das wirklich um meinen Blutzucker ausreichend hoch zu peitschen? Man weiß es nicht. Noch 15 Stunden und 50 Minuten bis zur Abgabe…

Fortsetzung folgt…

Dienstag, 9. März 2010

Klum und Klümer

Es ist wieder soweit. Die Geburt des gefühlten 42. Kindes unserer Vorzeige-... ähm.. athletischen, blonden Übermutter Heidi Klum liegt nun doch einige Zeit zurück, und um ihre Mission nicht zu gefährden, die deutsche Öffentlichkeit unermüdlich mit ihrer Person zu penetrieren, ist es deshalb Zeit, eine neue Runde 'Germany's Next Topmodel' einzuläuten. Wochenlang wurden wir also darauf aufmerksam gemacht, dass sie endlich wieder (!) das schönste Mädchen Deutschlands suchen würde, sie, Heidi, von deren Gunst Aufstieg und Fall eines jeden Nachwuchs-Models abhängt. Denn Heidi ist die Modeszene. Und deshalb ist sie auch der Mittelpunkt der Sendung. Die zwei Noname-Yuppies an ihrer Seite, die jemand als exzentrische Mode-Kenner verkleidet hat, dienen lediglich als Accessoires. Sollte wider Erwarten einer von ihnen größeren Kultstatus erreichen, als Frau Klum, wird er einfach aus der Jury entfernt, sodass sich Louise XIV weiter an dem allein ihr gebührenden Ruhm ergötzen kann. Und natürlich stehen dafür auch diesmal wieder genügend Barbie-Lemminge bereit, die ihre geistige Führerin entsprechend anbeten. Ich möchte damit natürlich keinesfalls abstreiten, dass sie alle charismatische Individuen mit einer unglaublichen Ausstrahlung sind.

Ignoriert man jedoch einfach das nervige Blendadent-Lächeln der offensichtlich heliumabhängigen Heidi Klum, hat 'Germany's Next Topmodel' wirklich Potential zu einer richtig guten Comedy-Show, denn es ist immer wieder amüsant, wie auffällig unauffällig in dieser Sendung versucht wird, mit (selbstverständlich völlig absurden) Vorurteilen gegen Models aufzuräumen. Sobald sich beispielsweise eine Kandidatin findet, die zufällig studiert, muss das unbedingt 100-200 Mal erwähnt werden, schließlich soll jeder sehen, dass Models tatsächlich hochintelligente, emanzipierte junge Frauen sind. Deshalb ist es auch lediglich ein Zeichen von mentaler Stärke und Disziplin, wenn sie sich von Mama Heidi permanent als 'die Mädchen' bezeichnen lassen, oder letztlich doch stets der Anweisung folgen, das zu tun, was der Kunde verlangt, auch wenn es ihnen in diesem Moment unangenehm wäre – letzteres lasse ich jetzt einfach mal so stehen, ohne es näher zu kommentieren.
Stets erheiternd ist auch die Tatsache, dass die unglaublich geschickte Platzierung kalorienstrotzender Lebensmittel direkt vor der Kamera uns wohl irgendwie suggerieren soll, dass Models sich nicht ausschließlich von Wattebäuschen mit Ananassaft ernähren. Ganz im Gegenteil, nach der Darstellung dieser zweifellos glaubwürdigen Dokumentation über das Leben als Model essen die Kandidatinnen beispielsweise Chips zum Frühstück – [Pause für Lacher] – aber wir als Laien wissen wahrscheinlich einfach nur nicht nicht, dass das ein Wundermittel für strahlend schöne Haut ist.

Nun, es gibt so einiges zu schmunzeln über Heidi, ihre Jüngerinnen, und den Rest der Möchtegern-High Society des 'Germany's Next Topmodel'-Universums. So kann es durchaus erfrischend sein, mal eine Viertelstunde einzuschalten und sich auf diesen Nonsens einzulassen.
Und wer mir jetzt vorwirft, ich wäre ja nur neidisch auf die Wahnsinnskarriere der schönsten Mädchen Deutschlands, der hat natürlich recht. Wie gerne wäre ich das neue C&A-Gesicht oder würde für den neuen Beef Supreme Deluxe mit feurigen Jalapenos werben. Aber mit diesen Maßen bleibt mir wohl leider nur ein Maschinenbau-Studium. Mist.